„Zeit fürs Wesentliche“ – Diskussion über das Pfarrbild im Schatten finanzieller Turbulenzen?

Landeskirchenweiter Diskussionsprozess über das Pfarrbild

Pfarrvertretung plädiert für durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 41 Stunden

Es ist Sommerzeit – sonst eigentlich immer die Zeit für skurrile Meldungen in den Medien, die das „Sommerloch“ füllen müssen. In diesem Jahr überschlagen sich die Meldungen aus dem Landeskirchenamt, die allerdings kaum Anlass zum Schmunzeln geben.

Innerhalb weniger Tage verbreitet die Kirchenleitung (KL) in Person des Präses Manfred Rekowski auf mehreren Kanälen die Nachricht, dass das festgelegte Sparziel der Landeskirche in sehr viel kürzerer Zeit erreicht werden muss: Bis zum Jahr 2018 müssen nach bisheriger Berechnung im Haushalt der Landeskirche insgesamt 35 % Prozent eingespart werden – das bedeutet eine strukturelle Kürzung um etwa 20 Mio. Euro. Diese Nachricht hat viele aufgeschreckt, so dass es in einem Schreiben des Präses vom 17. Juli – vordergründig beruhigend – heißt: „Da die mediale Berichterstattung da und dort den nicht zutreffenden Eindruck hat entstehen lassen, dass auch alle Kirchengemeinden und Kirchenkreise 35 Prozent einsparen müssten, möchte ich richtig stellen, dass dies so nicht durchgängig zutreffend ist. Jede Kirchengemeinde und jeder Kirchenkreis ist gehalten, ihre jeweilige finanzielle Situation und die bekannten Rahmenbedingungen, insbesondere die aufgrund der demografischen Entwicklung des Mitgliederbestandes unsicher werdende Einnahmesituation und die gesamtkirchlichen Verpflichtungen für die Versorgungslasten eigenverantwortlich zu interpretieren und daraus Schlussfolgerungen für das weitere Vorgehen zu ziehen“.

Für die nächsten Wochen sind in unterschiedlichen Regionen unserer Landeskirche wieder Regionalkonferenzen geplant, bei der die Kirchenleitung mit Gemeinden und Mitarbeitenden über die jetzt vorzubereitenden Maßnahmen und Einschnitte ins Gespräch kommen will.

Diskussion über die Zukunft des Pfarrdienstes braucht Zeit und Raum

Zeitgleich hat die KL ein Diskussionspapier unter dem Titel „Zeit fürs Wesentliche – Perspektiven auf den Pfarrberuf in der Evangelischen Kirche im Rheinland“ auf den Weg gebracht. Werden die so wichtigen Fragen im Blick auf die Zukunft des Pfarrdienstes in unserer Landeskirche angesichts der jetzt im Vordergrund stehenden Finanzprobleme noch die nötige Aufmerksamkeit finden?

Auch hier werden im Kommunikationsablauf neue Wege beschritten. Eine landeskirchliche Arbeitsgruppe hatte im Zeitraum von März 2011 bis März 2013 eine Vorlage erarbeitet, die nun im Vorfeld der Landessynode 2014 in den Ausschüssen beraten werden sollte. Asta Brants und Christoph Hüther haben in der zurückliegenden Zeit die Pfarrvertretung (PfV) in dieser Arbeitsgruppe vertreten. Nach der ersten Beratung durch den Ständigen Innerkirchlichen Ausschuss (federführend), den Ständigen Theologischen Ausschuss, den Ständigen Ausschuss für Kirchenordnung und Rechtsfragen sowie den Ständigen Ausschuss für Erziehung und Bildung hat die KL entschieden, das Papier schon im Vorfeld der Synode innerkirchlich zu diskutieren. Dieses Vorgehen ist ein Novum: bisher wurden Vorlagen für die Landessynode in der Regel in und zwischen den Ausschüssen diskutiert. Dabei wird immer Wert darauf gelegt, dass die Vorlagen vertraulich behandelt werden – ein Verfahren, an dem die PfV beteiligt wird, die sich selbstverständlich der Verpflichtung zur Vertraulichkeit unterwirft. Erst die von allen verabschiedete Endfassung wird vor der Synode veröffentlicht.

Auf einer Klausurtagung Anfang Juli im FFFZ in Düsseldorf hat die PfV das Papier beraten und eine Stellungnahme verfasst, die der KL bereits zugeleitet wurde. Da der Diskussionsprozess nun eröffnet ist, will die PfV auch ihre Sicht der Dinge in den öffentlichen Diskurs einbringen.

Die PfV spricht sich für das in der Vorlage dargestellte Modell A aus, mit dem die vielfältigen Aufgaben des Pfarrdienstes transparent dargestellt werden. Außerdem spricht sich die PfV dafür aus, für den Pfarrdienst eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 41 Stunden vorzusehen. In dem von der Arbeitsgruppe einstimmig verabschiedeten Vorlagenentwurf war dieser Wert enthalten, in der Diskussionsvorlage der KL ist dieser Passus gestrichen.

Der letzte Abschnitt der Stellungnahme mahnt die gesamtkirchliche Verantwortung für den Pfarrdienst an: „In den kommenden Jahren werden sich die Arbeitsbedingungen von Pfarrerinnen und Pfarrern erheblich verändern: Gemeinden werden kooperieren und fusionieren, Pfarrstellen werden nicht mehr besetzt werden können. Die sich dadurch ergebende höhere Arbeitsbelastung kann den Pfarrerinnen und Pfarrern nicht ohne weiteres zusätzlich aufgebürdet werden. Zugleich wird die Pfarrerinnen- und Pfarrerschaft in den nächsten Jahren rapide altern. Dies wird zu zunehmenden gesundheitlichen Belastungen und Ausfällen aufgrund von altersbedingten Erkrankungen, aber auch von Erkrankungen im Zusammenhang mit Überlastungssituationen führen (Stichwort »Salutogenese«). Hier muss durch eine vernünftige Arbeitszeitregelung gegengesteuert werden. Auch die dringend erforderliche Nachwuchsgewinnung für den pastoralen Dienst kann nur erfolgreich sein, wenn die Arbeitsbedingungen für den Pfarrberuf attraktiver gestaltet werden. Die Festlegung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist ein Schritt in diese Richtung“. (PS)